Hochmut kommt vor dem Fall
Auch anderswo stellt man fest das die Printmedien immer mehr an Zuspruch verlieren. Das komm nicht nur von der mittlerweile fast durchweg schlechten und bedürftigen Berichterstattung, sondern es gibt dafür auch noch andere Gründe. Wir haben da mal einige zusammengefasst.
Die Presse leidet. Sie leidet, weil sie schrumpft. Im Vierteljahresrhythmus berichten die großen, ehemals meinungsbildenden Zeitungen über sinkende Auflagen und schwindende Gewinne; und nichts deutet auf ein Ende dieses ewigen Sinkfluges hin. Etliche Blätter haben den Boden schon erreicht, weitere werden folgen.
Parteilichkeit ist längst nicht mehr nur ein Vorwurf
Parteilichkeit wird längst nicht mehr als Vorwurf betrachtet. Im Gegenteil sind viele Journalisten stolz darauf, Partei zu sein; sie nennen es nur anders, machen es wie Bölling und sprechen statt von Parteilichkeit vom Einsatz für die gute Sache. Fragt man sie, was an der guten Sache denn so gut sei, woran man sie erkennt und wer das definiert, erfährt man nicht viel mehr als das, was in der Zeitung steht. Damit schließt sich der Kreis: Der Journalist wird zum Parteiarbeiter und lebt von der Wiederholung dessen, was er selbst in die Welt gesetzt hat.
Verloren geht damit das Wichtigste, der Abstand. Distanzlosigkeit „rein als solche“, sagt Max Weber, sei eine der Todsünden des Politikers und eine jener Qualitäten, deren Züchtung den intellektuellen Nachwuchs zur politischen Unfähigkeit verurteilen werde. Diese Sünde wird nicht nur von Politikern begangen, sondern auch von all den Journalisten, die ihnen aus der Hand fressen. Mit einem großen Unterschied jedoch: Dem Politiker kann es egal sein, ist es ja auch egal, wie viele Bürger noch zur Wahl gehen oder nicht. Denn der Umfang der Beute, auf die er es abgesehen hat, die Zahl der Ämter und Mandate, bleibt immer gleich. Sie ist unabhängig von der Teilnahme und der Mitwirkung der Bürger.
Anders die Presse. Sie lebt davon, daß sie gelesen, jedenfalls gekauft wird. Wenn ihr die Leser davonlaufen, macht sie etwas falsch. Um es besser zu machen, sollte sie sich daran erinnern, daß Leser unterrichtet statt bevormundet, daß sie belehrt, aber nicht erzogen werden wollen; geschurigelt schon gar nicht. Sie mögen es nicht, wenn man ihnen nur deshalb aufs Maul schaut, um es ihnen gründlich zu stopfen. Kommt man ihnen so, dann wandern sie dorthin ab, wo sie den Mund noch auftun können. Zur Konkurrenz also, ins Internet.
eher die Ausnahme „Embedded journalism“
Abhängig geworden ist die Presse aber nicht nur von den Erwartungen der Wirtschaft, sondern auch von den Ansprüchen und den Zumutungen der Macht. Das Wort vom „embedded journalism“, das im Irak-Krieg zum erstenmal die Runde machte, hat immer weitere Kreise gezogen und dürfte mittlerweile eher Regel als Ausnahme sein. Man lockt die Journalisten mit der Aussicht auf ein Tauschgeschäft, bei dem beide Seiten gewinnen. Getauscht werden Informationen, möglichst „exklusiv“ natürlich, gegen das Versprechen, den Informanten gut aussehen zu lassen. Eine Hand wäscht die andere; was übrigbleibt, ist für die Leser, Hörer und Verbraucher da.
Neu ist diese Art von Tauschhandel nicht, wahrscheinlich allerdings noch nie mit besserem Gewissen abgewickelt worden als heute. Es ist noch gar nicht lange her, daß ein bekannter Fernsehpreis unter dem Motto vergeben wurde: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, daß er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache.“ Dem hatte schon Klaus Bölling, Vertrauter von Helmut Schmidt, ausdrücklich widersprochen und damit einem ganzen Berufsstand die Richtung gewiesen. Mit einer guten Sache dürfe, ja müsse sich der Journalist gemein machen, meinte Bölling. Für den Doppelsinn des Wortes, das neben der Gemeinsamkeit auch die Niedertracht, ja den Verrat bezeichnet, hatte er kein Verständnis, seine Nachfolger erst recht nicht.